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Teslas Wächtermodus-Daten: Beweismittel oder Datenschutzverstoß?
Erst kürzlich konnte man in der südbadischen Presse von einem Tesla lesen, der eigenständig einen Angreifer, der ihm hässliche Blessuren im Lack zufügte, filmte – dank Wächtermode. Die Diskussion, ob die Videoaufzeichnungen als Beweismaterial vor Gericht verwendet werden dürften oder ob nicht eher ein zu sanktionierender Datenschutzverstoß vorliege, haben Verbraucherschützer nun beantwortet: Sie verklagen Tesla wegen des Wächtermodes (und offenbar einiger anderer Punkte).
Und in der Tat ist es aus Datenschützerbrille gar nicht so eindeutig, wie der Fall zu bewerten ist – oder wäre, wenn denn alles „richtig“ gelaufen wäre.
Natürlich entzündet sich das nun am Beispiel Tesla, aber wenn man ehrlich ist, träfe das zumindest in puncto Hardware-Möglichkeiten auf jedes moderne Auto, das über eine etwas höherwertige Ausstattung als ein Kleinstwagen verfügt, zu – oder was glauben Sie, wie ein Quashqai mit entsprechender Funktion selbständig einparken könnte?! Gut, der Wächtermode ist noch mal ein ganz anderer Schnack, aber wer einfach bloß „Datenschutz hui“ oder „Datenschutz pfui“ schreien will, verkennt die Fakten. Natürlich muss ein Auto, das seinem Fahrer zahlreiche Features, vor allem in puncto Sicherheit (es sei nur mal der Notbremsassistent erwähnt) bietet, dafür über die entsprechende Technik verfügen. Dazu gehören selbstverständlich auch Kameras, die ihre Umgebung filmen. Im Datenschutz sprechen wir hier über Zweckbindung: Die Kamera darf ihre Umgebung zur Erfüllung des Zwecks „Funktion des Notbremsassistenten“ filmen, aber wer es schafft, mir ein Beispiel zu nennen, bei dem diese Funktion bei einem parkenden Auto erforderlich macht, möge sich melden, das würde mich brennend interessieren … Scherz beiseite: Livebilder würden doch für den Notbremsassistenten reichen, wozu müssen die Daten gespeichert werden? Noch dazu von einem Unternehmen wie Tesla, wo wir an anderer Stelle über nicht datenschutzkonforme Datenübertragungen in die USA diskutieren, etwa bei Office 365 … überhaupt sollte man sich vielleicht mal die Frage stellen, ob Datenschutz tatsächlich so zu verteufeln ist, wenn man überlegt, welches Kapital für Unternehmen in Daten liegt, die Benutzer schaffen. Nun ist mit der Digitale-Inhalte-Richtlinie ein erster Schritt gemacht bei der Beantwortung der Frage, wem die Daten gehören sollten – kleiner Tipp: Jaron Lanier hat das in seinem Buch „Wem gehört die Zukunft?“ schon 2013 thematisiert. Nehmen wir den Tesla, was empfänden Sie als fair, wer Eigentümer der Daten sein sollte: Der Fahrer, durch dessen Fahrten (oder Rumstehen) ein Fahrzeug überhaupt relevante Daten erzeugen kann; der Hersteller des Fahrzeugs, um seine Produkte besser und günstiger entwickeln zu können; Staaten, die damit die Verkehrsentwicklung mit realen und damit relevanten Daten sicher entscheidend vorantreiben könnten; oder sollten die Daten gar niemandem gehören, weil ja auch die Daten „Unbeteiligter“ (jemand, der den Weg des Autos nur kreuzt) verarbeitet werden … Im Raum stehen die Fragen schon länger, aber Lösungen? Fehlanzeige – vielleicht sollte man sich da mal dransetzen, bevor die Teslas, Benze usw. Fakten schaffen. Übrigens, die Freiburger Polizei hat eine Antwort für sich gefunden: Sie fahndet nun mit dem Bildmaterial des Teslas nach dem Täter, ob zurecht werden dereinst wohl Gerichte klären dürfen.